Schwarzatal, Resiliente Region
Neue Sommerfrische: Akteure aus Stadt und Land gestalten die Landschaft
»Die herausragende Qualität der Landschaft ist ein wesentliches Identifikationselement und Gemeinschaftsprojekt der Bewohner des Schwarzatals. Das IBA Vorhaben zeigt in herausragender Weise, wie es gelingen kann, aus den Bedingungen und Eigenarten der Landschaft programmatische Ideen zu entwickeln und umzusetzen, die die Sommerfrische-Landschaft neu in Wert setzen.«
Prof. Antje Stokmann, Fachbeirätin IBA Thüringen

Am Nordrand des Thüringer Schiefergebirges erstreckt sich das Schwarzatal entlang der 53 Kilometer langen Schwarza.
Das Schwarzatal am Nordrand des Thüringer Schiefergebirges war vor der Vereinigung eines der beliebtesten Urlaubsziele der DDR. Bereits im 19. Jahrhundert erholten sich dort touristische Gäste an der kühlen Schwarza.
Um ein zukunftsfähiges Landschaftsbild für das Schwarzatal zu entwickeln, organisierte der tatkräftige Verein ›Zukunftswerkstatt Schwarzatal‹ 2018 ein kooperatives Werkstattverfahren – mithilfe des Modellprogramms der Raumordnung des Bundes (MORO) und der IBA Thüringen sowie in Kooperation mit der LEADER Aktionsgruppe Saalfeld-Rudolstadt. Hier trafen vier internationale Landschaftsarchitekturbüros auf die Akteure aus der Region. Im favorisierten Entwurf von MAN MADE LAND und fabulism wird der 136 Kilometer lange Panoramaweg des Schwarzatals als verbindendes Element interpretiert.
Unter dem Titel ›Slow Landscape Schwarzatal – Sommerfrische am Panoramawegnetz‹ schlägt der favorisierte Entwurf ein systematisches und gut strukturiertes Gesamtkonzept vor: Die vorhandenen Qualitäten des Wanderwegnetzes im Schwarzatal sollen unter dem Motto ›Less is More‹ gestärkt werden. Hierfür wird die Konzentration auf den Panaromawanderweg gelegt, der ausgedünnt und durch ausgewählte Querverbindungen ergänzt wird. Entlang des Wegnetzes werden für verschiedene Landschaftstypen – ›Waldfrische‹, ›Wasserfrische‹, ›Wiesenfrische‹ und ›Dorffrische‹ – programmatische Ideen vorgeschlagen, um die Sommerfrische-Landschaft erlebbar zu machen und die lokale Ökonomie zu stärken.


Der Siegerentwurf des Landschaftsarchitekturbüros MAN MADE LAND und fabulism befasst sich im Kern mit einer Neukonzeption des Panoramawegenetzes im Schwarzatal. Vorgeschlagen wird, an zentralen Orten am Panoramaweg in den vier Entwurfsschwerpunkten verschiedene landschaftspflegerische Maßnahmen zu initiieren:

Der Entwurfsschwerpunkt ›Waldfrische‹ befasst sich mit der Qualifizierung der Wege, der Freischneidung von Blickbeziehungen und der Instandsetzung von Aussichtspunkten. Auch einzelne, besonders wertvolle Hütten, wie zum Beispiel die Mooshütte, sollen gezielt erhalten und aufgewertet werden. Zusätzlich kann es Inszenierungen der Natur geben, etwa eine Bank an der Tanzbuche, ein Wasserquellentisch oder die Erstellung einer atmosphärischen Lichtung. Die Stille im Wald und der Natur als Rückzugsort prägen alle Waldfrische-Projekte.

Der Entwurfsschwerpunkt ›Wasserfrische‹ hat das Ziel, touristisch bedeutsame Orte an der Schwarza zu qualifizieren. In Verbindung mit ungewöhnlichen gastronomischen Angeboten wird der Landschaftsraum entlang der Schwarza wieder neu belebt.

Wildcamping und Feuermachen wären möglicherweise denkbar im Schwarzatal. Der Entwurfsschwerpunkt ›Wiesenfrische‹ befasst sich mit der Frage: Können private Landeigentümer und Bürger die Infrastruktur für Übernachtungen, Trinkwasserzugang und Versorgung leisten – beispielsweise gegen Arbeitskraft und Mithilfe im Dorf?

Im Entwurfsschwerpunkt ›Dorffrische‹ sollen Dorfplätze wieder aufgewertet und mit gemeinschaftlichen Nutzungen ergänzt werden. Bestehende Infrastrukturen können für den Slow Tourism aktiviert werden und eine neue Attraktivität erhalten.
Die Landschaft haben alle gemeinsam, denn Landschaftsräume prägen die Identität der Einheimischen mit und in ihrer Region. Um heute wieder mehr Gäste in die traditionsreiche Kulturlandschaft mit dem Schloss Schwarzburg zu locken, erfindet sich das Schwarzatal gerade neu – im regionalen Maßstab.
2019 erhielt die ›Sommerfrische Schwarzatal‹ Anerkennung im Thüringer Tourismuspreis. Ausführliche Informationen zur Sommerfrische im Schwarzatal finden Sie auf der Seite www.sommerfrische-schwarzatal.de.
Das Vorhaben ›Resilientes Schwarztal‹ ist Teil der verschiedenen IBA Vorhaben im Schwarztal.
Rückblick auf den Tag der Sommerfrische 2021
Am Sonntag den 22. August hat das Schwarztal erneut zum ›Tag der Sommerfrische‹ eingeladen- und weit über 1000 Besucher:innen sind dieser Einladung gefolgt.
Bei sommerlichem Wetter konnten den ganzen Tag viele verschiedene Projekte im gesamten Schwarztal besichtigt werden. Mit dabei waren auch im diesen Jahr wieder einige IBA Projekte wie der Bahnhof in Rottenbach, das Haus Bräutigam und Haus Döschnitz.
In Rottenbach am Bahnhof konnten Besucher:innen beim langen Tisch der regionalen Produkte viele tolle Erzeugnisse aus der Region erwerben. Ob als Andenken an den Tag oder als Proviant für die Tour - an den verschiednene Ständen war für alle etwas dabei! Begleitet wurde das bunte Treiben auf dem Vorplatz des Bahnhofs musikalisch durch die Band RAMM TAMM TILDA aus Erfurt.
Im Haus Bräutigam fanden Bausstellentouren statt. Besucher:innen konnten sich hier von den Vereinsmitgliedern den aktuellen Stand der Baustelle zeigen lassen und an einer Besichtigungstour durchs Haus teilnehmen. Dabei wurden mit Hilfe von Plänen die zukünftigen Schritte des Bauvorhabens anschaulich erklärt.
Auch das Haus Döschnitz öffnete am Sonntag für Besucher:innen seine Türen. Hier durften Interessierte in die bereits begonnenen bauhistorischen Untersuchungen eintauchen und sich ein Bild vom Gebäude machen. Fotodokumentationen im Inneren des Hauses zeigten den Besucher:innen den Zustand des Gebäude zum Zeitpunkt der Übernahme durch den Verein.
Kinobus ¡ANDA! auf Tour im Schwarzatal und der Region Seltenrain
Bereits vor dem ›Tag der Sommerfrische‹ 2022 lohnte sich ein Besuch im Schwarzatal, denn im August tourte der Kinobus ¡ANDA! mit einem Kurzfilmprogramm durch die Region. Mit dem Projekt bringt der Leipziger Verein ›anda‹ seit 2018 Kino an Orte, an denen es keines mehr gibt oder nie eines gab. Auf der diesjährigen Tour wurden in Kooperation mit der IBA Thüringen auch verschiedene IBA Standorte zum Schauplatz. Zwischen dem 16. und 21. August gab es insgesamt fünf Kinoabende im Schwarzatal, u.a. am Bahnhof Rottenbach und in Döschnitz.
Anschließend ging es für den Kinobus ¡ANDA! weiter in die Region Seltenrain: Am 24. August wurde hier Halt in Sundhausen auf dem Anger hinter dem ehemaligen Konsumgebäude gemacht. Mit dem Kinoabend endete hier zugleich die zweitägige Bauhütte zum IBA Projekt ›Gesundheitskioske‹.
IBA Fachbeirat empfiehlt Projektstatus für ›Wasserfrische‹
IBA Kandidat wird, wer gute Ideen und Konzepte für das StadtLand vorweisen kann. In einem anschließenden Qualifizierungsprozess mit Workshops, Studien, Wettbewerben und ersten Planungen reifen diese Ideen zu Projekten, an die ein hoher Maßstab angelegt wird. IBA Projekte sollen für die Entwicklung Thüringens und darüber hinaus Referenz und Vorbild sein.
Der IBA Fachbeirat hat am 5. März für die Wasserfrische den IBA Projektstatus empfohlen.
Thüringer Verdienstorden für Dr. Burkhardt Kolbmüller, Zukunftswerkstatt Schwarzatal e.V.
2020 erhielt Dr. Burkhardt Kolbmüller von der Zukunftswerkstatt Schwarzatal e.V. als einer der wichtigsten Vordenker der Entwicklung des ländlichen Raums in Thüringen den Thüringer Verdienstorden:
"Dr. Burkhardt Kolbmüller gehört zu den wichtigsten Vordenkern der Entwicklung des ländlichen Raums in Thüringen und hat dieses Thema in vielfältiger Weise und mit großem Einsatz befördert. Er war unter den Mitbegründern des Heimatbundes Thüringen e.V., dessen Aufgabe der Verband darin sieht, die Kulturlandschaften Thüringens zu erhalten und zukunftsfähig zu gestalten. Seit seiner Gründung im Jahr 1993 leitet er den Heimatbund als Vorstandsvorsitzender und hat dessen Struktur und Geschäftsstelle mit außerordentlichem Engagement aufgebaut. Er ist Initiator und Ideengeber vieler Projekte, Tagungen und Publikationen, die zur aktiven Mitgestaltung der eigenen Heimat anregen wollen. Darüber hinaus widmet sich Dr. Kolbmüller der Pflege von Streuobstwiesen und rückt die Bedeutung des Streuobstbaus für Landschaftspflege und Naturschutz, als Kulturgut und als Erwerbszweig sowie für Naherholung und Tourismus in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Mit großem Erfolg setzt er sich für zahlreiche Initiativen zur Belebung des Schwarzatals ein und gewinnt über eine aktive Netzwerkarbeit viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter für seine Ideen. Als Initiator, Motor und Ideengeber für eine nachhaltige und zukunftsweisende Entwicklung im ländlichen Raum erwarb sich Dr. Burkhardt Kolbmüller außerordentliche Verdienste um den Freistaat Thüringen.“
Seit 20 Jahren wird der Thüringer Verdienstorden, die höchste Anerkennung, die Thüringen für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht, verliehen. Am 4. November 2020 ehrte Ministerpräsident Bodo Ramelow – im Beisein vieler Trägerinnen und Träger des Thüringer Verdienstordens – insgesamt elf verdiente Bürgerinnen und Bürger.
Pilotprojekt ›Wasserfrische‹ 2019/2020
Im Schwarzatal wurde erkundet, an welchen Standorten an der Schwarza das Pilotprojekt ›Wasserfrische‹ umsetzbar wäre. Mögliche Projektträger an insgesamt fünf Standorten hatten in diesem Zusammenhang ihr Interesse an dem Pilotprojekt signalisiert. Ausgewählt wurden schließlich die Standorte Obstfelderschmiede und Schwarzmühle. Projektträger an beiden Standorten sind die Stadt Schwarzatal in Kooperation mit der Oberweißbacher Berg- und Schwarzatalbahn, den Gastronomen vor Ort sowie der Zukunftswerksatt Schwarzatal.
2019/2020 wurde für beide Standorte eine Projektskizze inklusive Kostenschätzung erarbeitet. Für den Standort Schwarzmühle wurde die Idee der ›Wasserfrische Gärten‹ herausgearbeitet. Für Standort Obstfelderschmiede wiederum wurde die Idee des Kräutergartens formuliert, der auf die Tradition der Olitäten im Schwarzatal zurück greift. Die Entwicklung beider Standorte versteht sich als der Beginn einer Projektfamilie, durch die modelhaft aufgezeigt wird, wie planerisch und genehmigungstechnisch vorgegangen werden muss. So müssen die Belange von Naturschutz und Erholungsqualität in Bezug auf die Steigerung der Attraktivität als Lebensraum für StadtLand-Bewohner und Sommerfrische-Gäste an der Schwarza im Schwarzatal neu ausgehandelt werden. An beiden Standorten kann neben dem gastronomischen Angebot eine Modul-Box für den 2019 vom Thüringer Tourismusnetzwerk TTG 2019 entwickelten ›Heimatproviant‹ als Wanderverpflegung integriert werden.
Insgesamt wurde mit diesem Verfahren ein Kommunikationsprozess angestoßen, der, unabhängig von den jeweiligen politisch-administrativen Grenzen, den Blick sehr verschiedener Akteure auf die gemeinsame Landschaft lenkt. In diesem Verständnis ist das zukunftsfähige Landschaftsbild Bestandteil eines kontinuierlichen regionalen Bearbeitungs- und Kommunikationsprozesses. Auch das Werkstattverfahren war als ein kooperativer und interaktiver Prozess angelegt. Über das Netzwerk der Zukunftswerkstatt Schwarzatal e.V. und die regionalen Mitglieder des Komitees wurden und werden Akteure vor Ort von Vereinen, Kommunen, Verwaltung und Wirtschaft eingebunden. Es ging also nicht um einen klassischen, landschaftsplanerischen Entwurf, sondern im weitesten Sinne um die gemeinsame Entwicklung ‚regionaler Möglichkeitsräume’ als Lebensumfeld und Handlungsraum der ansässigen Bevölkerung und Motivation für Besucherinnen und Besucher bis hin zu neuen StadtLand-Beziehungen im Sinne der IBA Thüringen. Der Prozess hat dazu Anstöße und Vorschläge sowie ein konkretes Pilotprojekt an zwei Standorten geliefert, die bis zum Finale der IBA Thüringen 2023, aber auch darüber hinaus fort- und umgesetzt werden.
Rückblick auf den Tag der Sommerfrische 2020
Auch 2020 folgten wieder viele hundert Gäste, teils von weit her, der Einladung zum Tag der Sommerfrische und erkundeten am 23. August die Kultur und die Natur des Schwarzatals.
Das offizielle Programm startete in diesem Jahr bereits am Vorabend mit einem Erählcafé ›Das Schwarzatal war mein Sehnsuchtsort ...‹ mit Zeitzeugen auf der Terrasse von Schloss Schwarzburg. Eine kleine Ausstellung bebilderte zusätzlich eine Radtour entlang der Schwarza in den 50erJahren.
Viele historische Sommerfrische Häuser und Orte öffneten erneut ihre Türen und luden Interessierte ein besondere Architekturen im Schwarzatal zu erleben: Die Geschichte der Hochzeit der Sommerfrische konnten die Besucher u.a. im ehemaligen Waldsanatorium Schwarzeck in Bad Blankenburg nachempfinden, das Vielfensterhaus im schönen Höhenort Böhlen war ebenfalls geöffnet und bot Live-Musik und Ausstellungen. Der neu gegründete Verein Haus Döschnitz e.V. lud in das Sommerfrische Haus und IBA Projekt Haus Döschnitz ein, das zu einem lebhaften Ort des Austausches zwischen Stadt und Land etabliert werden soll. Ebenfalls ein typisches Beispiel für die Sommerfrischearchitektur der Jahrhundertwende ist das Haus Bräutigam in Schwarzburg, das bis in die 1990er-Jahre als Pension betrieben wurde. Der neu gegründete Verein Haus Bräutigam e.V. führte zum Tag der Sommerfrische 2020 durch das IBA Projekt und berichtete von seinen Erfahrungen, es zu einem zeitgemäßen Sommerfrische Ort umzubauen. Und natürlich gab es auch wieder den ›langen Tisch der regionalen Produkte‹, der in diesem Jahr auf dem Vorplatz des im letzten Jahr eröffneten Bahnhof Rottenbachs zu finden war.
Insgesamt 15 Orte – von Katzhütte bis Rottenbach – beteiligten sich 2020 am Tag der Sommerfrische. Der nächste Tag der Sommerfrische wird auch 2021 wieder am dritten August-Wochenende stattfinden.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website Tag der Sommerfrische.
Schwarzburger Gespräche ›Sozialen Zusammenhalt gestalten!‹
Im Mittelpunkt der Schwarzburger Gespräche 2020 stand, wie der soziale Zusammenhalt in ländlichen Regionen und konkret im Schwarzatal zukunftsfähig gestaltet werden kann und was es braucht, um Bewohnerinnen und Bewohner der Region ebenso wie neue Mitbürger*innen gut zu integrieren. Die Gespräche fanden in diesem Jahr coronabedingt nur als Online-Konferenz statt.
Pilotprojekt ›Waldfrische‹ 2019
2019 fanden in insgesamt 16 Gemeinden im Schwarzatal im Rahmen des Entwurfsschwerpunkts ›Waldfrische‹, der aus dem kooperativen Werkstattverfahren ›Zukunftsfähiges Landschaftsbild Schwarzatal‹ hervorgegangenen war, verschiedene erste Beteiligungsveranstaltungen in der Region statt.
In Abstimmung mit den Gemeinden und Wegwarten konnten in diesem Zug bereits kleine Maßnahmen im Wald durchgeführt werden: marode Geländer wurden entfernt, Schutzhütten repariert, Mooshäuschen ausgebessert und historische Sichtschneisen – vor allem rund um Schwarzburg – wieder freigeschnitten.
Durch ein studentisches Projekt der Brandenburgerischen Technischen Universität Cottbus (BTU) wurden unter Leitung von Prof. Anna Lundquist, Fachgebietsleiterin Landschaftsarchitektur der BTU, in enger Zusammenarbeit mit der Zukunftswerkstatt Schwarzatal und unterstützt durch diverse Akteure vor Ort temporäre künstlerische Installationen für die Landschaft geschaffen.
In einem Arbeitstreffen zur ›Waldfrische‹ im Januar 2020 wurde mögliche Schwerpunkte für das weitere Vorgehen für die ›Waldfrische‹ und das zukunftsfähige Landschaftsbild des Schwarzatals definiert: Unter anderem sind die Landschaftsgestaltung und die Wald- bzw. Forstbewirtschaftung strategisch abzustimmen und ein Dreiklang von Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion zu sichern. Außerdem könnten neue Konzepte für die Pflege von Wanderwegen durch eine Aktivierung des Potentials der Selbstorganisation der Menschen vor Ort entwickelt und erprobt werden. Auch eine Stärkung der Waldpädagogik wäre denkbar, der Fröbelwald im Schwarzatal bietet hierfür bereits einen geeigneten Ansatzpunkt. Zuletzt bildet die Entwicklung von neuen Formen und Angeboten eines waldbezogenen Tourismus eine weitere Möglichkeit für die ›Waldfrische‹ im Schwarztal. Das Schwarzatal könnte so als denkbarer Ort für Waldbaden, Natur- und Waldtherapie, Gesundheitswandern, Achtsamkeitstrainings sowie Yoga-Angebote dienen.
Für das Pilotprojekt ›Wasserfrische‹ werden derzeit zwei Projektskizzen für Freiflächen an der Schwarza bei der Talstation Obstfelderschmiede und der Bahnstation Meuselbach-Schwarzmühle als Ergebnis des kooperativen Werkstattverfahrens von MAN MADE LAND und fabulism erarbeitet.
Rückblick auf den Tag der Sommerfrische 2019
Am 25. August 2019 öffneten wieder ausgewählte, in der Regel leerstehende, Sommerfrische Häuser im ganzen Schwarzatal – von Bad Blankenburg bis Katzhütte, von Oberweißbach bis Böhlen. Ergänzt wurde der Tag der Sommerfrische durch kleine Ausstellungen, Erzählcafés und ein abwechslungsreiches Musik- und Kulturprogramm.
Waldfrische, Flussfrische und Wiesenfrische zogen auch in diesem jahr wieder viele Besucher ins Schwarzatal, denen dank der Wiederherstellung der historischer Sichtschneisen auf das Tal wieder viele malerische Blicke in die Landschaft ermöglicht wurden. Geführte Wanderungen, kulinarische Angebote und eine Tafel der regionalen Produkte machten auch 2019 das Schwarzatal auf vielfältige Weise wieder erlebbar. Informationen zum 100jährigen Jubiläum der Weimarer Verfassung, die am 11. August 1919 in Schwarzburg unterzeichnet wurde, rundeten das Angebot ab.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website Tag der Sommerfrische.
Schwarzburger Gespräche zum ›Zukunftsfähigen Landschaftsbild Schwarzatal‹
2018 hatte die anstehende Gebietsreform viele Diskussionen ausgelöst. Geplant ist, zu Beginn des Jahres 2019 eine Verwaltungsgemeinschaft im Schwarzatal zu bilden, auch wenn nicht alle bestehenden Kommunen für eine einheitliche Verwaltungsstruktur Schwarzatal zu gewinnen sind. Aber unabhängig davon – der großartige Landschaftsraum mit seiner bedeutenden Kulturgeschichte wird weiter bestehen bleiben.
Wie aber soll und kann sich die Kulturlandschaft des Schwarzatals in den nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickeln? Wie können wir sicherstellen, dass sie sowohl für Einheimische wie auch für Gäste attraktiv bleibt? Und wer sind die Akteure und Entscheidungsträger, die für eine gute Entwicklung Sorge tragen, wenn es keine gemeinsame politische Verwaltungsstruktur mehr gibt?
Mit diesen Fragen, vor der in ähnlicher Weise auch andere Kulturlandschaften stehen, haben sich die Schwarzburger Gespräche am 24. und 25. August 2018 im Torhaus von Schloss Schwarzburg beschäftigt. Dank dem bundesweiten Modellprogramm der Raumordnung (MORO) und der IBA Thüringen bestand außerdem die Möglichkeit, vier internationale Landschaftsarchitekturbüros zu beauftragen, am Kooperativen Werkstattverfahren ›Zukunftsfähiges Landschafsbild Schwarzatal‹ teilzunehmen.

Die entstandenen Entwürfe wurden am ersten Tag der Schwarzburger Gespräche öffentlich präsentiert. Nach einer folgenden Komitee-Sitzung wurde der Entwurf 'Slow Landscape Schwarzatal - Sommerfrische am Panoramawegnetz' von man made land & fabulism favorisiert und ein erstes Pilotprojekt empfohlen.

In dem Entwurf wird der Panoramaweg als verbindendes Raumelement mit wesentlichen Querverbindungen als Netzwerk im Schwarzatal gestärkt. Die neue Sommerfrische, die sich derzeit vor allem noch auf die Öffnung und Transformation leerstehendender Sommerfrische Häuser konzentriert, wird mit den Themen Dorf- und Wasserfrische, Wiesen- und Waldfrische angereichert. Die Entwicklung einer Food Akademie an der Mankenbachs Mühle in Verbindung mit einer baulichen Intervention an dem Fluss Schwarza soll ein positives und modellhaftes Initial für die Belebung der Gastronomie in der Sommerfrische Landschaft sein. Die Maßnahmen sollen unter aktiver Einbeziehung der Bewohner im Schwarzatal erfolgen.

Das Kooperative Werkstattverfahren 'Zukunftsfähiges Landschaftsbild Schwarzatal' wurde ausgelobt von der Zukunftswerkstatt Schwarzatal e.V. , Verein zur Förderung einer zukunftsfähigen regionalen Entwicklung, in Kooperation mit der Internationale Bauausstellung (IBA) Thüringen GmbH und LEADER-Aktionsgruppe Saalfeld-Rudolstadt.

Am zweiten Tag der Schwarzburger Gespräche wurde die favorisierte Arbeit einem breiten Publikum vorgestellt und darauf basierend eine Charta für das Schwarzatal diskutiert. Alle vier Arbeiten der Landschaftsarchitektursbüros wurden im Anschluss an die Schwarzburger Gespräche im Kaisersaalgebäude von Schloss Schwarzburg zum Tag der Sommerfrische ausgestellt.
Alle am Kooperativen Werkstattverfahren beteiligten Teams:
Favorisierte Arbeit: man made land – Prof. Anna Lundquist, Lena Flamm & fabulism: Mirko Andolina
A24 Landschaft - Steffan Robel, Lola Meyer, Jan Grimmek, Jürgen Höfler, Olivia Grandi
Station C23 - Prof. Sigrun Langner, Michael Rudolph, Mara Trübenbach, Anna Bauch & herr meier licht: Jürgen Meier
bauchplan ).( - Kay Strasser, Tina Roj, Victoria Wakulicz, Elisabeth Judmair, Julia Ulrich, Wasim Dery, Fernando Nebot Gomez, Arnaud Calatayud, Abdelrahman Gamil, Julia Merkle, Nicolas Posso Vidales, Jonas Hammerer, Polina Palo, Thomas Meyer, Michael Franke, Marie Baldenweck, Eleni Boutsika-Palles, Anna Stauber, Janet Kyas-Reich
Gefördert bzw. betreut wird das Vorhaben im Bundesprogramm ›Modellvorhaben der Raumordnung‹ (MORO, Projekt Regionale Landschaftsgestaltung) vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).
Kooperatives Werkstattverfahren ›Zukunftsfähiges Landschaftsbild Schwarzatal‹ gestartet
Am 28. und 29. Mai 2018 startete das Kooperative Werkstattverfahren ›Zukunftsfähiges Landschaftsbild Schwarzatal‹. Ausgelobt wurde das Verfahren von der Zukunftswerkstatt Schwarzatal e.V. in Kooperation mit der IBA Thüringen und der LEADER-Aktionsgruppe Saalfeld-Rudolstadt. Gefördert bzw. betreut wurde das Vorhaben im Bundesprogramm ›Modellvorhaben der Raumordnung‹ (MORO, Projekt Regionale Landschaftsgestaltung) vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Begleitet wird es durch ein Komitee aus Fach- und Sachmitgliedern.
Landschaftsbild Schwarzatal Workshop Studien_Foto Thomas Müller
Eingeladen waren vier regional, überregional und international besetzte Landschaftsarchitekturstudios: A24, bauchplan ).(, MAN MADE LAND und Station C23. Die Bearbeitungsteams sind interdisziplinär mit Landschaftsarchitekt:innen, Architekt:innen, Szenograf:innen bzw. Künstler:innen besetzt. Im Rahmen der Auftaktveranstaltung wurde die Aufgabenstellung umfassend vorgestellt und diskutiert, das Mittlere Schwarzatal und die Bergbahnregion Schwarzatal bereist und es fand ein reger Austausch mit Projektpartner:innen vor Ort statt.
Bei der Zwischenpräsentation am 18. Juni 2018 stellten die Teams ihre ersten Ideen zur Diskussion vor Ort vor. Im Rahmen der Schwarzburger Gespräche am 24. und 25. August 2018 wurden die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert.
Resilientes Schwarzatal Teil des Bundesprogramms MORO
Als eine von sechs Modellregionen wurde das Schwarzatal 2017 als ›Modellvorhaben der Raumordnung‹ (MORO Regionale Landschaftsgestaltung) des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) ausgewählt. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) betreut die Modellvorhaben. Somit fördert MORO die Entwicklung eines Landschaftsbildes für das Schwarzatal bis 2019. Dabei geht es nicht nur um landschaftsplanerische Aspekte und eine ansprechende Gestaltung des Umfeldes für Einheimische und Gäste, sondern auch um die Entwicklung regionaler Möglichkeitsräume als Rahmen und Motivation für neue Landbewohner.
Im März 2019 findet ein sogenannter Querschnittsworkshop im Schwarzatal statt. Die Protokolle bisheriger Workshops finden sich auf der Website des BBSR.
In der ländlich geprägten Region Schwarzatal wirken sich verschiedene Transformationsprozesse auf die Landschaftsentwicklung aus: vom demographischen Wandel mit Leerstand und schleichender Verwahrlosung über unrentable Landbewirtschaftung und den Niedergang bzw. Neuanfang des Tourismus bis zu den Auswirkungen verschiedener Großprojekte und der Gebietsreform. Gemeinsam mit der IBA Thüringen wird aktuell die Entwicklung und Kommunikation eines zukunftsfähigen Landschaftsbildes Schwarzatal über ein kooperatives Verfahren vorbereitet. Dabei geht es u.a. um die partizipative Erarbeitung eines Landschaftsbildes, um die Entwicklung neuer StadtLand-Beziehungen zur Förderung ländlicher Regionen und um die Gestaltung regionaler Möglichkeitsräume für neue Lebensentwürfe. Gleichzeitig sollen auch verschiedene Planungsinstrumente erprobt werden. Ziel ist es, Konzepte und konkrete Projektvorschläge zur Wiederherstellung der (kultur-)landschaftlichen Attraktivität des Schwarzatales zu entwickeln. Das Vorhaben knüpft an bestehende Aktivitäten in der Region an, die unter anderem durch den Verein Zukunftswerkstatt Schwarzatal vorangetrieben werden.
Schwarzburger Gespräche zu Kulturgut, Lebensraum und Zukunftskapital
2016 verdeutlichte Professorin Ilke Marschall von der FH Erfurt bei den Schwarzburger Gesprächen die Bedeutung ästhetischer Zugänge zur Landschaft, als auch die kulturelle Prägung unserer Vorstellungen von 'schöner' Landschaft. Diskutiert wurden Fragen wie 'Wer bestimmt, was (in einer Region, in einem Ort) ‚schön’ ist?'. 'Wer pflegt die Landschaft, und wie ist das zu finanzieren?'. 'Wie erreicht man mit diesen Themen die breite Bevölkerung?'.
Kathrin Winkler vom Tourismusverband Lausitzer Seenland schilderte die positiven Auswirkungen einer IBA für eine Region, die nach dem Ende der DDR-Braunkohlenwirtschaft wirtschaftlich und raumkulturell am Boden lag. Sie wies jedoch zugleich darauf hin, dass die Erfolge Zeit und einen langen Atem sowie gutes regionales Management brauchen - in der Lausitz werden viele positive Auswirkungen erst jetzt, nach dem Ende der IBA, sichtbar.
Vèronique Faucheur und Marc Pozoul vom atelier le balto zeigten anhand früherer Arbeiten für andere IBAs, welche Auswirkungen innovative Projekte von Landschaftsarchitekten für einen regionalen Entwicklungsprozess und für eine gute Kommunikation haben können. Sie plädierten mit Blick auf das Schwarzatal dafür, ein starkes Landschaftsbild zu entwickeln und dabei auch ungewöhnliche neue Projekte einzubinden.
StadtLand Gespräch in Bechstedt
Seit jeher prägt der Mensch durch Besiedlung und Kultivierung die Landschaft. Mit der Industrialisierung und Globalisierung wurde nicht nur die Kulturlandschaft, sondern auch unser Verhältnis zu Baukultur und Landschaft stark verändert. Der strukturelle und demografische Wandel stellt die Bewohner zusätzlich unter Druck. Wie kann eine Region ihre Kulturlandschaften unter diesen Bedingungen neu entdecken und gestalten? Wie gelingt eine nachhaltige und identitätsstiftende Regionalentwicklung; welche Rolle spielt die Baukultur? Welche Akteure sind angesprochen und wie können sie vernetzt oder unterstützt werden?
Beim IBA StadtLand Gespräch am 2. September 2015 in Bechstedt ging es um diese Fragen. Das Gespräch stand unter der Überschrift 'Vielfältige Landschaften gestalten! Was wäre, wenn sich eine Region neu entwickelt.'
Veränderte Lebens- und Arbeitsweisen, bedingt durch neue Konsum- und Produktionsweisen, Globalisierung und Digitalisierung, verändern nicht nur unsere Städte, sondern auch unsere Dörfer und Landschaften. Das Wissen über das Kapital der Landschaftsveränderung ist jedoch noch sehr jung, ebenso das Wissen über die tatsächlichen sozio-öknomischen Veränderungen. In der Debatte über die Veränderungen wird der ländliche Raum per se als Verlierer dargestellt. Eine differenzierte öffentliche Betrachtung ist notwendig.

Das StadtLand Gespräch fand auf dem KulturNaturHof Bechstedt statt.

Teilnehmer des Gesprächs waren IBA Geschäftsführerin Dr. Marta Doehler-Behzadi, Dr. Burkhardt Kolbmüller vom KulturNaturHof Bechstedt, Dr. Alexander Bittner von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, der Architekt Florian Aicher, Kulturwissenschaftler und Regionalentwickler Lars Fischer und IBA Projektleiterin Kerstin Faber.

Neue Formen der Kommunikation zwischen allen Beteiligten sind notwendig, um Kulturlandschaften nachhaltig zu entwickeln. Sie müssen Geltung erlangen und brauchen Zeit, um zu wirken.

Impulssetzungen können motivierend wirken. Ein neuer transdisziplinärer Diskurs über den Zugriff auf Fläche und ihre Ressourcen zwischen Stadt und Land könnte erprobt werden.

Der Zugriff auf landwirtschaftliche Fläche kann durch Vergabeverfahren von Gemeinden und Institutionen nachhaltiger gesteuert werden. Ein 'back to the roots' wird es nicht geben, jedoch müssen die Produktionsweisen und das Konsumverhalten öffentlich und kritisch hinterfragt werden. Es fehlt eine Lobby der Dörfer und eine Kultur der Ideen; dies müsste befördert werden. Ein Erfahrungsaustausch von Erfolgen zwischen Stadt und Land ist notwendig, nicht zuletzt auch, um Zusammenhänge und gegebenenfalls neue Verbindungen zu identifizieren. Illustration des Gesprächs von Rosa Linke und Stefan Kowalczyk
Das IBA StadtLand Gespräch in Bechstedt wurde durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.
Erste Schwarzburger Gespräche mit Beteiligung der IBA
Wenige Wochen nach der Nominierung der Projektidee 'Resilientes Schwarzatal' zum IBA Kandidaten im Jahr 2014 war die IBA zu Gast beim Schwarzburger Gespräch in Bad Blankenburg.
Mit den Schwarzburger Gesprächen bietet die LEADER-Aktionsgruppe Saalfeld-Rudolstadt ein Forum für den Austausch zur Regionalentwicklung im Schwarzatal.
Ulrike Rothe
Projektleiterin
Telefon +49 3644 51832-13
ulrike.rothe@iba-thueringen.de
- Gespräch mit Ines Kinsky, IBA Magazin 2022
- Reiselandbuch Sommerfrische Schwarzatal
- Artikel Antje Stokman, IBA Magazin 2020
- IBA Logbuch, Stand 2019
- Interview IBA Magazin 2019
- Auslobung ›Zukunftsfähiges Landschaftsbild Schwarzatal‹ 2018
- Dokumentation Kooperatives Werkstattverfahren
- Artikel IBA Magazin 2016
- Dokumentation MORO Tagung ›Regionale Landschaftsgestaltung‹ 2020
- Artikel Planungspraxis regionaler Initiativen und interkommunaler Kooperation - Neue Materialien zur Planungskultur Nr. 41
- Broschüre Heimatproviant (s/w)
- Artikel RaumPlanung 1/2019
- Favorisierte Arbeit des Kooperativen Werkstattverfahrens ›Zukunftsfähiges Landschafsbild Schwarzatal‹ von MAN MADE LAND
- Protokoll MORO Querschnittsworkshop 2018
- Artikel Garten+Landschaft 2015
- Website Sommerfrische Schwarzatal