Schloss Schwarzburg Schwarzatal
⸺ Denkort der Demokratie
Thüringen ist reich an Schlössern und Burgen, es gibt mehr als 500 im Freistaat. Das Schloss Schwarzburg, Stammhaus der Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt, blickt auf eine besonders spannungsgeladene Geschichte. Es erlebte den Feudalismus, den Absolutismus, die Demokratie und den Nationalsozialismus. Im Jahr 1919 unterzeichnete Friedrich Ebert in Schwarzburg die Weimarer Verfassung. Rund 20 Jahre später, während der nationalsozialistischen Diktatur, wurde das Hauptgebäude der barocken Anlage bis zur Unkenntlichkeit verwüstet, weil es zu einem Reichsgästehaus umgebaut werden sollte. Nach Entkernungsmaßnahmen und einem begonnenen Abriss ganzer Schlossfügel wurde der Umbau eingestellt und die Anlage ruinös hinterlassen. Nach 1945 verfielen weite Teile des Schlossensembles, lediglich das Kaisersaalgebäude wurde bis 1970 wiederhergestellt.
1994 übernahm die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten das Ensemble. Seit seiner Gründung 1996 setzt sich auch der Förderverein Schloss Schwarzburg — Denkort der Demokratie e.V. mit großem Engagement für den Erhalt des Schlosses ein. 2010 konnte die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten mit der Sanierung des Zeughauses und der zunächst nutzungsneutralen Sicherung des Hauptgebäudes beginnen, das durch die Umbauarbeiten ausgehöhlt und in seiner Statik massiv beeinträchtigt war. Die brachialen Eingriffe an diesem Bau bilden bis heute ein einmaliges, sprechendes Zeugnis der Geschichte Deutschlands.
Durch den Teilausbau des Hauptgebäudes bis 2021 im Rahmen der IBA ist heute wieder eine Nutzung möglich, dazu investierten die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten und die IBA Eigenmittel und es gab eine Förderung vom Land und vom Programm Nationale Projekte des Städtebaus. In Bauherrschaft der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ist damit ein einzigartiger Ort der Demokratie entstanden, der dank einer sensiblen Restaurierung die historischen Spuren sichert und nicht überschreibt. Die Stiftung plant, Schloss Schwarzburg langfristig und gemeinsam mit der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora als außerschulischen Lernort zu etablieren, denn dieser Ort ist einer der Zeugen des Nationalsozialismus.
2012 lobte die Stiftung einen Ideenwettbewerb für den Umgang mit dem Hauptgebäude und seine zukünftige denkmalgerechte Nutzung aus. Das Weimarer Büro TeCTUM Hille-Kobelt Architekten gewann den Wettbewerb mit seinem Konzept der Spuren- und Zeitenlese, also dem Weiterbauen im Bestand unter Beibehaltung der Geschichtsspuren und ihrer Zerstörung. Ihr Entwurf sah vor, den Emporensaal und den Ahnensaal im Hauptgebäude zugänglich zu machen.
Als die Zukunftswerkstatt Schwarzatal 2014 die Projektfamilie ›Resiliente Region Schwarzatal‹ mit der IBA Thüringen auf den Weg brachte, wurde das Schloss als ein Baustein aufgenommen. Schloss Schwarzburg ist ein barockes Ensemble, bestehend aus mehreren Gebäuden, unter anderem dem Torhaus, Zeughaus, Kaisersaal und dem Schloss-Hauptgebäude. Das IBA Projekt umfasst den Ausbau des Ahnen- und Emporensaals als Projekt- und Veranstaltungsräume sowie die Vermittlung der Demokratiegeschichte. Von nun an arbeiteten die Stiftung, der Förderverein und die IBA mit gemeinsamen Kräften daran, einen Denkort der Demokratie zu schaffen.
Im Jahr 2016 erarbeitete TeCTUM im Rahmen der Projektqualifizierung die Machbarkeitsstudie zum teilweisen Ausbau des Schlosses. Nach der Errichtung eines neuen nördlichen Gebäudeabschlusses mit Treppenhaus durch die Stiftung konnten 2019 im Rahmen des IBA Projekts die Sicherung, der Ausbau und die anschließende Öffnung des Schloss-Hauptgebäudes beginnen. Der Teilausbau basierte auf einem äußerst sensiblen Umgang mit der historischen Bausubstanz, wenige Ergänzungen mit modernen Materialien runden das Gesamtbild ab. Bei der Restaurierung ergaben sich immer wieder handwerkliche Fragen, teilweise Zentimeter für Zentimeter entlang historischer Spuren, die es zu sichern galt. Nach über 80 Jahren war das Hauptgebäude ab 2019 als Schaubaustelle erstmals wieder zugänglich.
Die Geschichte des Schlosses und seine Bedeutung sollte den Besucher:innen vor Ort räumlich, aber auch erzählerisch vermittelt werden. Auf Anstoß der IBA erarbeitete die Weimarer Agentur musealis dazu 2017 ein Drehbuch, das unter anderem einen Audiowalk vorsah. Der Audiowalk nimmt die Besucher:innen mit durch die 900-jährige Geschichte des Ortes. Im Zentrum stehen dabei neben der Historie und dem Bauprojekt vor allem die Menschen, die hier gelebt und regiert haben, brutal zur Arbeit gezwungen wurden, ganz persönliche Erinnerungen mit dem Schloss verbinden oder sich auf den Wänden verewigt haben. Die Organisation der Audiowalk-Führungen liegt in den Händen des Fördervereins Schloss Schwarzburg — Denkort der Demokratie e. V. Seit 2019 nutzten mehr als 2.500 Neugierige den Audiowalk.
Im Sommer 2021 war es dann so weit: Emporen- und Ahnensaal von Schloss Schwarzburg wurden feierlich eröffnet. Damit ist der historische Reichtum dieser Landmarke im Schwarzatal wieder erlebbar. Als letzten Baustein erhielt der Denkort der Demokratie 2022 nach Plänen der Agentur C4 Berlin ein interaktives Vermittlungsangebot: Mit dem digitalen Gästebuch können Besucher:innen im Emporensaal ihre Gedanken zur Demokratie auf einer Social Media Wall teilen, mehr über Demokratieprojekte erfahren und in der Schlossgeschichte stöbern. Und somit die an den Wänden erhaltenen Spuren digital fortschreiben.
Schloss Schwarzburg ist Teil der IBA Projektfamilie im Schwarzatal.
Ort
Schloss Schwarzburg
Schloßstraße
07427 Schwarzburg
Projektträger:inner
- Bauherrin / Eigentümerin: Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten
- Gemeinde Schwarzburg
Kooperationspartner:in
Förderung
- Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat: Nationale Projekte des Städtebaus
- Thüringer Minsiterium für Infrastruktur und Landwirtschaft
- Thüringer Staatskanzlei
- Internationale Bauausstellung Thüringen GmbH
- Architektur / Bauüberwachung Hauptgebäude: TeCTUM Hille · Kobelt Architekten, Weimar
- Tragwerksplanung/Fachplanung Brandschutz: Ingenieurbüro Dr. Krämer, Weimar
- Fachplanung Haustechnik: Ingenieurbüro Hirsch, Erfurt
- Restauratorische Fachplanung: Rähmer Restaurierung-Denkmalpflege, Großröhrsdorf
- Drehbuch Audiowalk: musealis, Weimar
- Digitales Gästebuch: C4 Berlin
- Gespräch mit Dr. Doris Fischer, IBA Magazin, 2022
- Reiselandbuch Sommerfrische Schwarzatal
- Artikel Florian Heilmeyer, IBA Magazin 2021, S.26
- Artikel, ›Schloss Schwarzburg, Schwarzatal Schaubaustelle wird wieder geöffnet‹, IBA Magazin 2020, S.56
- IBA Logbuch, Stand 2019
- Artikel RaumPlanung 1/2019
- Artikel Rainer Müller, IBA Magazin 2016, S.64
- Broschüre Bundesprogramm Nationale Projekte des Städtebaus
- Website Schloss Schwarzburg
17.11.2014
Nominierung zum IBA Kandidat in der Projektfamilie »Resilientes Schwarzatal«
10.03.2017
Schloss Schwarzburg für Bundesprogramm Nationale Projekte des Städtebaus empfohlen
29.06.2017
Nominierung zum IBA Projekt
05.07.2019
Start der saisonalen Audiowalks auf Schloss Schwarzburg
26.08.2020
Minister Benjamin-Immanuel Hoff besucht auf Sommertour 2020 IBA Projekt »Schloss Schwarzburg«
04.11.2020
Thüringer Verdienstorden für Kristine Glatzel des Fördervereins Schloss Schwarzburg - Denkort der Demokratie
15.07.2021
»Denkort der Demokratie«1 auf Schloss Schwarzburg feierlich eröffnet
14.10.2021
IBA Projekt auf Schloss Schwarzburg Preisträger beim BDA Thüringen Architektur-Preis 2021
19.05.2022
Eröffnung des neuen Vermittlungsformats ›Digitales Gästebuch‹ auf Schloss Schwarzburg
23.02.2023
Aufnahme in die IBA Abschlusspräsentation
19.08.2023
Sommerfest der Local Heroes auf Schloss Schwarzburg