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Das neu entwickelte soziale Gesundheitsprojekt in Seltenrain bietet einen Neuanfang für das seit 2018 leerstehende ehemalige Konsumgebäude in der Gemeinde Sundhausen. Durch einen mi­ni­mal­in­va­siven Umbau wird das Gebäude Teil eines Landzentrums und beherbergt gemeinwohlorientierte Gesundheitsangebote und dient als sozialer Treffpunkt.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Christoph Große
Die gemeindeübergreifende Stiftung Landleben und der angeschlossene Verein Landengel e. V. bauen ein neues Gesundheits-, Pflege- und Versorgungsnetzwerk in der Dorfregion Seltenrain auf. Neben den Gesundheitskiosken gehört das Landzentrum in Sundhausen mit Gesundheitsangeboten und Dienstleistungen dazu.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
Im Rahmen eines gemeinschaftlichen Bauhüttenprozesses wird der alte Dorfkonsum klimagerecht und ressourcenschonend unter Wiederverwendung von Materialien aus dem Baustoffkreislauf umgebaut.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
Das Format Bauhütte vereint von Beginn an alle am Bau beteiligten Personen, Gewerke und Produzent:innen und fördert gleichzeitig deren ganzheitliche Ausbildung. Insgesamt wurden fünf Bauhütten innerhalb eines Jahres organisiert.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
Das Het Nieuwe Instituut Rotterdam schenkte der Stiftung Landleben, das Material des von MVRDV gestalteten temporären, pinkfarbenen Holzdachs. Dieses Material wurde dann bei der 5. Bauhütte in Sundhausen verbaut.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
Zur fünften Ausgabe der Bauhütte, gab es internationale Beteiligung: Die Veldacademie Rotterdam mit der TU Delft, die TU Wien, die PUC Santiago de Chile, die Bauhaus-Universität Weimar und Maler-Fachschulen aus ganz Deutschland haben Akteur:innen nach Sundhausen entsandt.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
Mit einem Aufruf an die Region Sundhausen und darüber hinaus wurden zusätzlich Textilien zur Wiederverwendung gesammelt.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
Mit den pinken Materialien wurden Innen- und Außeneinrichtungen gebaut und der Übergang von Innen und Außen umgestaltet.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
Das Bauhüttenprojekt ist als Lernmodell zu verstehen, wie neue Impulse in struktur- und finanzschwachen Gemeinden und Regionen durch einen kollektiven Gestaltungs- und Bauprozess entstehen und zu einer neuen Form von baukultureller Vermittlung führen können.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
Seit 2022 wird das Landzentrum bereits aktiv als Bürgermeisterei, Dorfkümmerei, Vereinerei genutzt. Weitere Räume sollen für ein neues Modell einer Mietarztpraxis umgebaut werden.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
Eine Ausstellung im Landzentrum Sundhausen stellt den Gestaltungsprozess der Gesundheitskioske und des Landzentrums vor.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller
Frank Baumgarten von der Stiftung Landleben und Christopher Kaufmann vom Verein Landengel (v. l.) im neuen Landzentrum.
© Stiftung Baukultur Thüringen/IBA Thüringen, Foto Thomas Müller

Landzentrum Dorfregion Seltenrain

⸺ Kollektives Umbauen auf dem Land

Der ländliche Raum ist vielerorts vom strukturellen und demografischen Wandel geprägt, so auch die Gemeinde Sundhausen in der Thüringer Dorfregion Seltenrain. Insbesondere die größeren Infrastrukturen wie Gemeindehäuser, Gaststätten und Geschäfte stehen oftmals in zentraler Lage leer oder sind kaum genutzt. Die in der Region Seltenrain entwickelte soziale Gesundheitsinfrastruktur bietet hier einen Neuanfang für die leerstehenden alten Infrastrukturen. Mehr noch: Durch die Rückkehr von Versorgungsangeboten in die Orte werden diese auch wieder attraktiver für den Zuzug nicht nur junger Menschen.

Die gemeindeübergreifende Stiftung Landleben und der angeschlossene Verein Landengel e. V. bauen ein neues Gesundheits-, Pflege- und Versorgungsnetzwerk in der Dorfregion Seltenrain auf. Neben den Gesundheitskiosken gehört dazu das Landzentrum in Sundhausen mit Gesundheitsangeboten und Dienstleistungen unter einem Dach. Das früher als Dorfkonsum genutzte Gebäude wird dazu im Rahmen eines gemeinschaftlichen Bauhüttenprozesses klimagerecht und ressourcenschonend unter Wiederverwendung von Materialien aus dem Baustoffkreislauf umgebaut. Der Bauhüttenprozess ist als Lernbeispiel zu verstehen, wie Impulse in struktur- und finanzschwachen Regionen durch einen kollektiven Bauprozess entstehen. Die Entwicklung des Landzentrums verfolgt den Umbau von zwei Standorten. Während der leerstehende frühere Landkonsum für gemeinwohlorientierte Gesundheitsangebote und als sozialer Treffpunkt umgebaut wird, ist die Umwandlung eines nahe gelegenen Dreiseithofs in einen Kindergarten, eine Tagesstätte und für Therapieräume geplant. Eine erste Studie aus dem Jahr 2020 vom Atelier Fanelsa und L.I.S.T. GmbH aus Berlin schlug für den Umgang mit dem Bestand einen minimalinvasiven Eingriff für den Konsum und ein Weiterbauen des Dreiseithofs vor.

Das ehemalige Konsumgebäude, im Besitz der Gemeinde Sundhausen und seit einigen Jahren ungenutzt, steht seit 2021 im Fokus der Entwicklung. Gemeinsam mit den Partner:innen vor Ort und der IBA Thüringen organisiert dazu das Fachgebiet CODE / Entwerfen und Baukonstruktion von der Technischen Universität Berlin einen Bauhüttenprozess mit Unterstützung der Sto-Stiftung. Das Format Bauhütte vereint von Beginn an alle am Bau beteiligten Personen, Gewerke und Produzent:innen und fördert gleichzeitig deren ganzheitliche Ausbildung. Komplexe Aufgaben werden gemeinsam gelöst, um zum bestmöglichen Ergebnis zu kommen. Die Kompetenz der Einzelnen wird so um das Wissen des jeweils anderen geschult. Was an Komplexität historischer Bauhütten in der Größe der Baumaßnahme (wie Kirchen) begründet lag, spiegelt sich heute auch in Kleinstprojekten wider. Bauen ist unabhängig vom Maßstab ein hochkomplexes Konstrukt geworden. Der damit verbundene Aufwand ist insbesondere für kleinere Architekturen unverhältnismäßig hoch.

Ziel der Bauhütte in Sundhausen ist der kleinstmögliche Eingriff mit der größtmöglichen Wirkung, denn nicht nur der Umbau von Bestand, auch der Umfang des Eingriffs bestimmt den Nachhaltigkeitswert. Die (Wieder-)Verwendung von nachwachsenden Materialien wie Holz und ein klimaschonendes Energiekonzept bilden die Grundlage der Box-in-Box-Architekturlösung. Das Bestandsgebäude wird dabei als Hülle definiert, in die einzelne Holzeinbauten gestellt werden. Das gliedert die Räume und Nutzungen neu und ermöglicht durch Wandverschiebungen flexible Unterteilungen und Zugänge. Durch die Holzständerkonstruktion mit Holzfaserdämmung wird mit wenigen Eingriffen ein neues Raumklima geschaffen. Die Wärmeversorgung ist über Infrarotheizungen gewährleistet, zukünftig ist die solare Stromerzeugung geplant. Insgesamt fünf Bauhütten wurden innerhalb eines Jahres durchgeführt. Bei der fünften im September 2022 gab es internationale Beteiligung: Neben der Technischen Universität Berlin haben die Technische Universität Delft, die Veldacademie Rotterdam, die Technische Universität Wien, die Katholische Universität Santiago de Chile, die Bauhaus-Universität Weimar, die AG TUN — Textil & Nachhaltigkeit und Maler-Fachschulen aus ganz Deutschland Lehrende, Studierende und Auszubildende nach Sundhausen entsandt. Etwa 50 Gäste bauten und lebten in Sundhausen mit den 370 Einwohner:innen.

Neben der internationalen Verstärkung schenkte das Het Nieuwe Instituut Rotterdam das Material des vom Architektenbüro MVRDV gestalteten temporären, pinkfarbenen Holzdachs für die Weiterverwendung im Landzentrum an die Stiftung Landleben. Die Veldacademie Rotterdam schickte wiederum Holzmodule eines mobilen Theaters nach Thüringen. Mit einem Aufruf an die Region Seltenrain sammelten die Beteiligten darüber hinaus zusätzlich Textilien zur Wiederverwendung. Damit wurden nicht nur die Inneneinrichtung gebaut, sondern auch der Außenraum des Landzentrums und die Übergänge zwischen beiden Bereichen umgestaltet.
Seit 2022 wird das Landzentrum bereits aktiv als Bürgermeisterei, Dorfkümmerei, Vereinerei genutzt. Weitere Räume sollen für ein neues Modell einer Mietarztpraxis umgebaut werden.

Ort

Landzentrum

Am Anger 74
99947 Sundhausen

Projektträger:inner

Kooperationspartner:in

Förderung

Meilensteine

24.08.2018

Nominierung zum IBA Kandidat

17.11.2021

Start des DesignBuild-Projekts in Kooperation mit der TU Berlin und Sto-Stiftung

02.03.2022

4. Bauhütte startet, Umbau zum Landzentrum

02.09.2022

Nominierung zum IBA Projekt

17.09.2022

5. Bauhütte startet mit internationaler Verstärkung und Maler-Fachschulen aus ganz Deutschland

01.03.2023

Aufnahme in die IBA Abschlusspräsentation