Gera, Häselburg
Alte Mädchenschule neu genutzt: Freies Kulturzentrum öffnet sich der Welt
»Kunstsinnige aus der Metropole finden im StadtLand Thüringen neuen Lebensraum und entdecken die kulturellen Potenziale des (noch) stagnierenden Gera: In der Häselburg wird der ›Luxus der Leere‹ (W. Kil) mit Mut, Phantasie und feinem Gestaltungssinn gelebt.«
Prof. Andreas Wolf, ehemaliges Fachbeiratsmitglied der IBA Thüringen
In der Geraer Innenstadt wird eine ehemalige Mädchenschule aus dem 19. Jahrhundert schrittweise zu einem neuen Zentrum für Kunst und Kultur umgebaut. Viele Jahre stand das Gebäudeensemble leer, bis die Kulturschaffenden Dr. Claudia Tittel und Burkhard Schlothauer es entdeckten. 2016 begannen sie, ihre Idee eines freien Kunst- und Kulturzentrums hier in die Tat umzusetzen.

Nach und nach wurde und wird das Gründerzeitensemble, das 2.600 Quadratmeter umfasst, mit und für die zukünftigen Nutzer:innen aktiviert. Zwei Gebäude sind bereits fertiggestellt, die Sanierung des dritten Teils begann 2020.
Die behutsame Sanierung erfolgte größtenteils in Eigenregie in einem dynamischen Prozess mit Zwischennutzungen. Inzwischen sind die Räume durch die Galerie für zeitgenössische Kunst, die freie Kunstschule Gera, Künstlerateliers, den Veranstaltungsraum ›Altes Wannenbad‹ sowie als Künstler- und Gästezimmer wieder voll genutzt. Ankermieter ist das Medienbildungszentrum der Thüringer Landesmedienanstalt. Der Ausbau der Veranstaltungsräume wurde aus Mitteln des Freistaates Thüringen und des Bundes, zuletzt durch das Programm Neustart Kultur, finanziell unterstützt. Um die Häselburg als kreativen Begegnungsort in Gera zu stärken, ist außerdem ein Kulturcafé geplant.

Seit 2020 verbindet ein neues skulpturales Treppenhaus mit Aufzug des Architekten Thomas Laubert die verschiedenen Gebäudeteile und Funktionen.

Zur städtebaulichen Arrondierung des Blockfragments und zur Erweiterung der Kulturflächen plant die Häselburg im Zuge der IBA einen neuen Anbau.
Der Anbau wird die diffuse Hinterhofsituation am Stadtgraben schließen und das Kulturhaus mit einem Foyer und einem Studio funktional erweitern. Zugleich wird ein neuer Zugang zum Innenhof entstehen. Als freie Raumskulptur soll der Arrondierungsbau sichtbar zur Bühne für die Kunst werden und in alle Richtungen als Schnittstelle und Einladung zum kreativen Dialog in und mit der Stadtgesellschaft wirken.
IBA Fachbeirat empfiehlt IBA Projektstatus für Häselburg
IBA Kandidat wird, wer gute Ideen und Konzepte für das StadtLand vorweisen kann. In einem anschließenden Qualifizierungsprozess mit Workshops, Studien, Wettbewerben und ersten Planungen reifen diese Ideen zu Projekten, an die ein hoher Maßstab angelegt wird. IBA Projekte sollen für die Entwicklung Thüringens und darüber hinaus Referenz und Vorbild sein.
Im Zentrum der Stadt Gera gelegen, strahlt das Kulturhaus Häselburg mit seinem engagierten Kunstprogramm und Bildungsangebot weit in Stadt und Region aus. Private Bauherren haben das lange leer stehende, gründerzeitliche Gebäudeensemble seit 2016 behutsam instand gesetzt. Inzwischen sind zwei Gebäudeteile der ehemaligen Mädchenschule mit Galerie, Kunstschule, Medienbildungszentrum, Ateliers, Veranstaltungs- und Mieträumen wieder genutzt. Zur städtebaulichen Verankerung und funktionalen Ergänzung sind ein Kulturcafé und ein Gästehaus im dritten Gebäudeteil sowie ein Erweiterungsbau am Stadtgraben geplant. Ein Sockelgeschossneubau wird das bisher offene Blockfragment arrondieren. Hierauf soll eine zeitgenössische Raumskulptur entstehen, die den kreativen Dialog mit dem Altbau und der Stadt aufnimmt.
Der IBA Fachbeirat hat am 4. September 2020 den IBA Projektstatus für die Häselburg in Gera empfohlen.
Planungen für Neubau
Das Kulturhaus Häselburg ist auf dem Weg vom Kandidaten zum Projekt der IBA Thüringen 2023. Seit März 2020 wird in intensiven Gesprächen zwischen Bauherr Häselburg, Architekturbüro Mentrup, der IBA Thüringen sowie der Bauabteilung der Stadt Gera am konkreten Entwurf des Neubaus gearbeitet. Der Baubeginn ist für 2021 geplant, damit das Objekt Ende 2022 vollendet werden kann.
Im Moment wird der Straßenraum der Florian-Geyer-Straße zur Fußgängerzone und zu einem Platz mit Aufenthaltsqualität umgewandelt. In Verbindung mit dem fortgeschrittenen Neubau des Campus Rutheneum wird der Altstadtrand an dieser Stelle neugestaltet. Mit dem Neubau des Sockelgeschosses der Häselburg am Stadtgraben wird 2023 der Altstadteingang Süd ein völlig neues Gesicht erhalten.
Arrival StadtLand Kongress
Unter dem Motto ›Arrival StadtLand‹ versucht die IBA Thüringen, neue Verbindungen mit neuen Stadtbewohner:innen zu knüpfen, die in Folge von Flucht und Einwanderung zu uns kommen. Die IBA Kandidaten der Arrival StadtLand Projektfamilie – die Häselburg in Gera, der sogennante Zwischenraum zum Ankommen in Saalfeld und das Wir Labor in Erfurt – sowie zahlreiche bundesweite Projekte gestalten Raum für Viele und setzen damit bewusst ein Zeichen für die Stärkung des Zusammenlebens. Am 6. und 7. Juni wurden im Eiermannbau über die Gestaltung offener Räume und über kommunale und zivilgesellschaftliche Strategien zur Integration, Inklusion und Teilhabe gesprochen.
Eröffnet wurde der Kongress am 6. Juni um 18 Uhr durch Mirjam Kruppa, Beauftragte des Freistaats Thüringen für Integration, Migration und Flüchtlinge beim Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Zu den weiteren Teilnehmenden gehörten Dr. Franziska Schmidtke, Geschäftsführerin von KomRex – Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration Thüringen, Dr. Andreas Hollstein, Bürgemeister der Stadt Altena und Projektbeteiligte der drei IBA Kandidaten aus Thüringen – Erfurt, Saalfeld und Gera – sowie von Projekten u.a. aus Augsburg, Berlin und Brandenburg.
Kulturprogramm 2017 gestartet
Die Häselburg erprobt ihre Rolle als neuer Gastgeber und international geprägter Veranstaltungsort in Gera. Das Veranstaltungsprogramm umfasste 2017 die 1. Sommerakademie sowie Gesprächsrunden zu aktuellen politischen Fragen. So war der Europaabgeordnete Jakob von Weizsäcker am 28.04.2017 zu Besuch in der Häselburg und diskutierte mit den Gerarer Bürger:innen die Chancen und Risiken des Projekts Europa. Am 26.05.2017 fand ein Artist Talk mit der in Leipzig lebenden syrischen Künstlerin Dona Abboud statt, die von ihren Erfahrungen in Deutschland und der Diskrepanz zwischen medialer Berichterstattung und ihrem alltäglichen Leben berichtete.
Das Galerieprogramm begann mit der Vernissage der Ausstellung ›MATRIX‹ der Geraer Künstlerin Barbara Toch am 7.10.2017 und einem Improvisationskonzert des europaweit bekannten Klangkünstlers und Kontrabassisten Ulrich Phillipp aus Wiesbaden am 10.10.2017. Es folgte die Tagung der Freunde der Afrikanischen Kunst (VdFAK) vom 13. bis 15.10.2017 zum Thema ›Migration der Dinge‹, die sich mit der Bedeutung von Migration für die Entstehung und Herausbildung von Kultur in Europa auseinandersetzte und kulturelle Zuschreibung wie ›fremd‹ und ›eigen‹ anhand ausgewählter Objekte aus renommierten Thüringer Sammlungen und ihrer musealen Repräsentation hinterfragte.
http://gera.otz.de/web/gera/startseite/detail/-/specific/Barbara-Toch-st...
1. Sommerakademie in der Häselburg
Am 1. April 2017 startete die erste Sommerakademie in der Häselburg. Unter dem Thema ›Heimat‹ können Geraer Bürger:innen für knapp vier Monate mit dem Berliner Prozesskünstler Maurice de Martin zusammenarbeiten und dabei eine andere Perspektive auf ihre Stadt erhalten. Der Berliner Prozesskünstler lebte vier Monate in Gera und beschäftigte sich gemeinsam mit den Bürger:innen mit der Stadt und dem öffentlichen Raum. Bei der Abschlussveranstaltung am 07. Juli in der Häselburg wurde das gemeinsam geschaffene Werk präsentiert.
Rückblick in der Ostthüringischen Zeitung

Vorbereitungstreffen am 21. Juni 2017. Foto: Thomas Müller

Vorbereitungstreffen am 21. Juni 2017. Foto: Thomas Müller

Abschlussveranstaltung der Sommerakademie am 7. Juli 2017. Foto: Henry Sowinski

Abschlussveranstaltung der Sommerakademie am 7. Juli 2017. Foto: Henry Sowinski
Momentan keine Termine
- Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat: Nationale Stadtentwicklungspolitik
- Freistaat Thüringen: Lottomittel
- Thüringer Staatskanzlei: Kulturförderung
- Robert Bosch Stiftung
- Thomas Laubert, Gera
- Mentrup Architektur, Kahla
Dr. Bertram Schiffers
Projektleiter
Telefon +49 3644 51832-14
bertram.schiffers@iba-thueringen.de