‚Sonne und Erdreich können unser Energieproblem lösen’

Der Einladung zum zweiten IBA Salon waren trotz Unwetterwarnung und Vollsperrung der A4 60 Interessierte gefolgt. Prof. Dr. Hansjürg Leibundgut von der ETH Zürich stellte seinen radikalen Ansatz vom emissionsfreien Heizen vor – an einem Ort, der früher Knotenpunkt der regionalen Stromversorgung in Thüringen war. Die Messwarte im ehemaligen Umspannwerk Jena-Nord, wo heute die Imaginata e.V. ein Experimentarium betreibt, bot einen beeindruckenden Rahmen für den Vortrag und das anschließende Gespräch.

Wie können wir unsere Häuser heizen, wenn in 30 Jahren speicherbare Energieträger wie Öl nicht mehr zur Verfügung stehen? „Wir lassen 95% des Solarstroms ungenutzt an uns vorbei ziehen. Sonne und Erdreich können aber unser Energieproblem lösen“, so Prof. Dr. Hansjürg Leibundgut. Sehr anschaulich erläuterte der Experte der ETH Zürich seinen radikalen Ansatz, um die CO2-Belastung der Erde zu reduzieren: Energie im Sommer sammeln, in der Erde zwischenspeichern und dann im Winter als Wärmeenergie verwenden – so lautet das Prinzip des von ihm entwickelten Systems ‚ZE-2sol’. Der Name leitet sich ab von soleil (frz. für Sonne) und sol (frz. für Erde).

Dafür erforderlich sind neue Gebäudetechnologien: Hybridkollektoren, Erdwärmsonden und eine Turbo-Wärmepumpe, die zum Teil noch in der Erprobungsphase sind. Turbomaschinen für die Wärmepumpe beispielsweise werden voraussichtlich 2015 zugelassen. Erdbohrungen in 500 m Tiefe – einer Tiefe, die aufgrund der hohen Temperaturzunahme für das System geeignet ist – stehen ebenfalls kurz bevor. Derzeit laufen in der Schweiz Pilotprojekte mit Bohrungen bis 250 m Tiefe. Diese technologischen Einschränkungen machen schnell klar, weshalb der verblüffend plausible Ansatz bisher noch nicht in breiteren Kreisen umgesetzt wird.

Prof. Leibundgut beantwortete in der lebendigen Diskussion zahlreiche konkrete Fragen der Gäste zu praktischen Aspekten wie z.B. Kosten des Systems. Die derzeitigen Investitionskosten belaufen sich für einen Verbund von  etwa 6 Häusern auf 120.000 Schweizer Franken, 45% davon sind Kosten für die Erdsonden-Bohrung. Für Bauland mit Erdsonden-Anschluss ist mit 30 Euro pro m2 höheren Kosten im Vergleich zu ‚normalem’ Bauland zu rechnen.

„Wir haben mit ‚2-sol’ für den Raumwärmebedarf in vielen Regionen ein attraktives Modell, bei dem wir auch Entlastung bei Themen wie Dämmbedarf im Gebäudebestand haben“, bilanziert Prof. Dr. Lütke Daldrup den Salon. „Zugleich ist deutlich geworden, dass wir im Kontext Thüringen mit den Wind-Standorten und vorhandenen Netzstrukturen die Themen Wind-und Solarenergie weiter im Blick haben werden. Es muss uns gelingen, für die IBA Thüringen ein sinnvolles Maß an Energie-Effizienz-Investitionen zu finden“, so der IBA Geschäftsführer weiter.