Rohrbach, Dorfinfrastruktur
Abwasser wird zur Ressource
Die Gestaltung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur verbindet die Landschaftsarchitektur und die Abwasserwirtschaft. Das IBA Vorhaben verknüpft die Herstellung, Pflege und Bewirtschaftung von Freiräumen mit naturnahen Verfahren der Abwasserbehandlung und -wiedernutzung und stellt eine innovative Lösung für ländliche Kommunen dar.‹
Prof. Antje Stokmann, Fachbeirätin IBA Thüringen
Einst badeten hier Gutsherren, heute ist das Wasser in Rohrbach nicht mehr so sauber. Der kleine Rossbach transportiert nämlich nicht nur Quell- und Regenwasser, sondern auch die Abwässer aus dem Dorf. Eine für Thüringen typische Situation, fast jeder dritte Haushalt im Freistaat ist nicht an eine richtlinienkonforme Kläranlage angeschlossen. Die Abwasserentsorgung im ländlichen Raum Thüringens muss auf den demografischen Wandel und die EU-Wasserrahmenrichtlinie reagieren.

Die Professur Siedlungswasserwirtschaft der Bauhaus-Universität Weimar entwickelt hierzu gemeinsam mit dem Abwasserzweckverband Nordkreis Weimarer Land ein neuartiges System, das auf eine getrennte Erfassung und regionale Wiederverwendung von Grau- und Schwarzwasser setzt. Eine neue Anlage soll die Feststoffe zusammen mit Resten aus der Landwirtschaft in Energie und Düngemittel umwandeln. Dieses innovative Verfahren erfordert auch Veränderungen bei Institutionen und Betriebsformen.

Stoffstromkreisläufe. Grafik: Bauhaus-Universität Weimar
Die Gemeinde beabsichtigt, diese neue technische Infrastruktur in eine Ressourcenlandschaft einzubetten. Der Park des ehemaligen Gutes, das lange als landwirtschaftliche Versuchsanstalt diente, eignet sich in besonderer Weise als Experimentierraum. Dazu gehören auch der Umgang mit Regenwasser, erneuerbaren Energien, nachwachsenden Rohstoffen, Waldparzellen und Gartenland. Sie können den Nutzen, die Erlebbarkeit und die Ästhetik des Parks als neuartige Allmende und Dorfunternehmung anreichern.
Kinderfest und Ideenstudie Rohrbach
Beim traditionellen Kinderfest in Rohrbach am 16. September 2017 informierten sich die Dorfbewohner:innen und Gäste über die geplante Pflanzenkläranlage und die Ressourcenlandschaft. Die Landschaftsplanerinnen von Gruppe F und Lysann Schmidt erläuterten die Gestaltungspotenziale und bauten mit den Kindern Flaschenfilter.

Foto: Lysann Schmidt

Foto: Lysann Schmidt
Bürgerwerkstatt in Rohrbach
Bei der Bürgerwerkstatt am 26. Juni 2017 tauschten sich 15 Bürgerinnen und Bürger aus Rohrbach mit den beauftragten Landschaftsarchitektinnen und Planern sowie den Projektakteuren der Bauhaus-Universität Weimar und des Abwasserzweckverbandes Nordkreis Weimar über den Stand und die Planung der Abwasserentsorgung und -Aufbereitung aus. Ziel war es, Ideen für die Einbindung der technischen Anlage in die Landschaft und in die Dorfstruktur vorzustellen und mit den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger abzugleichen.
Nach einer Vorstellung des Prozesses und einer kurzen Präsentation der ersten Planungen für die Einbindung der Anlage in den Schlosspark riefen die Planerinnen Antje Backhaus von Gruppe F und Lysann Schmidt zur Diskussion über die vier Themen Allmende, Wasser, Tourismus und Energie auf. An vier Tafeln waren bereits Ideen für die jeweiligen Themen-Kreisläufe gesammelt, zu denen die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung äußern und neue Ideen hinzufügen konnten. Nach angeregten Diskussionen konnten erste Ideen als für Rohrbach besonders interessant herausgearbeitet werden. Aus den Ergebnissen der Bürgerwerkstatt werden die Landschaftsarchitektinnen Antje Backhaus und Lysann Schmidt nun eine Ideenstudie für die Einbindung der Pflanzenkläranlage in die Landschaft und das Dorf entwickeln.




Foto: Thomas Müller
Brainstorming Ressourcenlandschaft der Zukunft
Die Zukunftsfähigkeit des Abwassersystems ist vor allem für ländliche Regionen ein virulentes, wenn auch bisher immer noch wenig präsentes Thema. Oft sind Gemeinden in Thüringen nicht an öffentliche Kläranlagen angeschlossen, ungereinigtes Abwasser gelangt in Gewässer, was die Wasserqualität stark negativ beeinflusst. Der demografische Wandel setzt ländliche Räume zusätzlich unter großen Anpassungsdruck. Langfristig können Infrastrukturen deshalb nur dann stabilisiert betrieben werden, wenn sie resilient geplant und umgesetzt werden. Die Herausforderung besteht darüber hinaus auch darin, eine interessierte, engagierte und aktive Öffentlichkeit für das Thema zu gewinnen.
Der IBA Kandidat Rohrbach hat sich zum Ziel gesetzt, ein innovatives und nachhaltiges Abwasser- und Ressourcensystem zu implementieren. Es wird ein Konzept angestrebt, welches das Thema Abwasser nicht problematisiert, sondern das konkrete Wertschöpfungsmöglichkeiten für eine Modellgemeinde, die Region und übergeordnet in Sachen Ressourcenschonung aufzeigt. Der IBA Kandidat eröffnet damit Perspektiven für neue Stoffkreisläufe und für eine nachhaltige Ressourcennutzung.
Um diese Ansätze weiter zu verfolgen und neue Verknüpfungs- und Wertschöpfungsmöglichkeiten zu eröffnen, hat die IBA Thüringen gemeinsam mit dem IBA Kandidaten zu einem Brainstorming in die IBA Geschäftsstelle eingeladen. Der Einladung gefolgt sind Expert:innen aus Forschung und Praxis aus den Bereichen Siedlungswasserwirtschaft, nachhaltige Regionalentwicklung, erneuerbare Energien, Landwirtschaft und Landschaftsarchitektur.
Nach kurzen Inputs von IBA Geschäftsführerin Dr. Marta Doehler-Behzadi, von Prof. Jörg Londong (Bauhaus-Universität Weimar) und von Frau Prof. Sigrun Langner (Bauhaus-Universität Weimar) und unter der Maßgabe ›Nachdenken bei gelockerter Vernunft‹ starteten die Teilnehmer in einen Tag der kreativen Ideenfindung. Den beiden Moderatorinnen Dr. Stephanie Bock und Dr. Darla Nickel vom Deutschen Institut für Urbanistik gelang es, dazu eine Atmosphäre des offenen Austauschs, der großen Mitwirkungsbereitschaft und der gewinnbringenden Diskussionen zu erzeugen.

Die Moderation wurde von Frau Dr. Darla Nickel und Frau Dr. Stephanie Bock vom Deutschen Institut für Urbanistik übernommen.

Brainstorming in der alten IBA Geschäftsstelle in Weimar.
Nach einer ersten großen Brainstorming-Runde wurden die diskutierten Themen und Handlungsansätze am Nachmittag in drei Arbeitsgruppen vertieft. Nach einer Stunde intensiver Gruppenarbeit wurden die Ergebnisse vorgestellt. Die IBA Thüringen und der IBA Kandidat nutzten die Gelegenheit, um erste Überlegungen zu aus eigener Sicht verfolgens- und besonders bemerkenswerten Ideen aus dem Brainstorming zu äußern und den Mehrwert für die weitere Programm- und Projektarbeit herauszustellen.Als Ergebnis des Brainstormings wird eine Dokumentation erarbeitet, die Grundlage für die weitere Projektqualifizierung sein wird. Das Büro dreigegeneinen GbR aus Berlin wird die Ergebnisse in einem Bild grafisch aufbereiten.
Bürgerinformationsveranstaltung Rohrbach
Am 15. Februar 2016 informierten sich rund 60 Bürger:innen über die zwingende Erneuerung des Rohrbacher Abwassersystems. Bürgermeister Ingolf Otto begrüßte die Gäste und wies auf die große Chance für die Gemeinde hin, die sich aufgrund der fachlichen Begleitung der Bauhaus-Universität und durch die Kandidatur des Zweckverbandes und der Bauhaus-Universität bei der IBA Thüringen ergibt. Prof. Dr. Londong von der Bauhaus-Universität Weimar stellte unter anderem ein neuartiges Sanitärsystem vor, das als Forschungsprojekt und IBA Kandidat große Chancen für Rohrbach bietet.
Momentan keine Termine
- Gruppe F, Berlin
- Lysann Schmidt, Wismar
Dr. Bertram Schiffers
Projektleiter
Telefon +49 3644 51832-14
bertram.schiffers@iba-thueringen.de